Joey Kelly – Extremsportler, Künstler, Unternehmer
No Limits – Sie sehen weiter!
Wettkämpfe im Extremsport haben seit jeher einen besonderen Reiz. Die Anspannung der Athleten lässt die Luft knistern. In die Begeisterung des Publikums mischt sich Bewunderung, Staunen und ein gewisses Unverständnis – ohne trotzdem wegschauen zu können – für die folgende Leidensbereitschaft der Wettkämpfer.
Die Wettkampfstätte ist mit einer sonst nur selten zu findenden Euphorie erfüllt. Schnell seinen eigenen Rhythmus zu finden, ist in dieser Situation für den Wettkämpfer entscheidend.
Mit seinen Mitteln und auf seine Weise sein Ziel zu erreichen, darum geht es. Sich der Gruppendynamik zu entziehen, ist nicht leicht. Aber der falsche Rhythmus wird unweigerlich zu großen körperlichen und mentalen Problemen während des Wettkampfs führen.
Wichtig ist, sich nicht von Konkurrenten nervös machen zu lassen. Wenn einer vor dem Rennen sagt: „Heute jage ich Dich wie ein Tier!“ danken Sie ihm für sein emotionales Engagement, haken das ab und machen Ihren eigenen Wettkampf. Denn Sie wissen, dass Sie gut trainiert sind, dass Sie Ihren Proviant an den Versorgungsstationen gut vorbereitet haben und dass Sie sich Ihre Ressourcen gut einteilen werden.
Großer Wille ist nicht mit großem Ehrgeiz zu verwechseln. Großer Wille ist das gewachsene Bewusstsein aus erfolgreich gemeisterten Herausforderungen. Wenn man oft (große) Herausforderungen erfolgreich gemeistert hat, erwächst daraus das Vertrauen, auch große Ziele erreichen zu können. Eine zunächst unüberwindbar scheinende Aufgabe geht Schritt für Schritt der Lösung entgegen.
Während eines Wettkampfs erkenne ich, dass ich mein Ziel erreichen kann. Aufgrund dieser Erkenntnis motiviert mein großer Wille meinen Geist und meinen Körper bis zur Zielerreichung alles zu geben. Sicher, das ist oft eine unglaubliche Quälerei. Aber großer Wille und Verantwortung für mich und meine Gesundheit gehen Hand in Hand. Großer Ehrgeiz hingegen strebt nur nach Zielerreichung – im Zweifel sogar um jeden Preis. Das „Nicht-Erkennen“ der Warnsignale oder gar deren Missachtung bergen eine große Gefahr für den Wettkämpfer. Bei einem auf Dauer angelegten extremen Wettbewerb kann das zu einschneidenden gesundheitlichen Konsequenzen bis hin zum Tod führen.
An der Spitze herrscht immer Druck. Egal wie hart die Rahmenbedingungen sind. Das habe ich zum Beispiel beim Rennen durch die trockenste Wüste der Welt, der Atacama in Chile, festgestellt. Das sogenannte „Atacama Crossing“ zählt zu den härtesten Wüstenläufen der Welt, ein Ultra-Marathon von 250 Kilometern, mit Temperaturschwankungen von minus 10 bis plus 35 Grad Celsius. Ärzte, Juristen, Militärs, Unternehmer, abenteuerlustige Rentner, ein blinder Koreaner mit seinem Sohn und einige der bedeutendsten Ausdauerathleten unserer Zeit bildeten im Jahr 2008 einen bunten, quirligen Haufen. Ganz oben im Norden von Chile, an der Grenze zu Bolivien, begann das Rennen. Sechs Tagesetappen von vierzig bis achtzig Kilometern mussten die Läufer bewältigen. Mitnehmen durfte man nur, was man auch selbst tragen konnte. Trotzdem waren zwischen den ersten fünf platzierten nur wenige Minuten Unterschied. In meiner Altersklasse habe ich gewonnen, im Gesamtklassement habe ich den vierten Platz von insgesamt 80 gestarteten Läufern aus 21 Nationen erreicht.
Im Ziel gab es eine Blechmedaille, Cola und lauwarme Pizza. Aber darauf kommt es nicht an. Alle wirklichen Unternehmer, die jeden Tag für ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter in der Verantwortung stehen, werden erkennen und verstehen, was ich meine.