Markus Nessler im Gespräch mit Ernst-Martin Scheible
Interview mit Ernst-Martin Schaible, Geschäftsführender Gesellschafter von „Der Kreis“
Teil 1: Beweggründe „DER KREIS“ zu gründen, Aufgaben eines Verbandes und Herausforderung für den mittelständischen (Küchen-) Fachhandel
1. businessler: Sie haben dieses Jahr dreißigjähriges Jubiläum mit dem Verbund DER KREIS. Was waren Ihre damaligen Beweggründe einen Verbund für den mittelständischen Küchenfachhandel zu schaffen?
Herr Schaible: Der wichtigste Beweggrund für die Gründung von „DER KREIS“ war es, den Küchenspezialisten, zumeist Familienunternehmen, für ihre Leistung und ihren Einsatz faire Einkaufskonditionen zu ermöglichen. An dieser Maxime hat sich bis heute nichts geändert.
Damals war ich im Vertriebsaußendienst eines Küchenherstellers angestellt. Meine damaligen Kunden haben Tag und Nacht gearbeitet und an Urlaub war für die gar nicht zu denken. Für diese Idealisten habe ich nach einem Weg gesucht, ihre Einkaufsmöglichkeiten zu verbessern.
Ich kannte doch die ganzen Konditionen und wusste, wie die Möbelhäuser mit ihren damaligen Verbänden das Preisgefüge beherrschten. Mein Ziel war es, die Rendite bei meinen damaligen Kunden zu verbessern, schon allein um damit auch die Position als vertrauensvoller Vertriebspartner zu verbessern. Leider konnte ich meine Idee, die Marktstellung des Küchenspezialisten zu stärken, in der Firmenleitung meines damaligen Arbeitgebers nicht durchsetzen.
Die Idee war zu gut, um sie wieder fallen zu lassen. Also habe ich begonnen, sie mit anderen Partnern und Lieferanten umzusetzen.
2. businessler: Wenn es DER KREIS noch nicht gäbe, aus welchen Gründen würden Sie diesen Verband heute gründen?
Herr Schaible: Auf eine hypothetische Frage ist nur eine hypothetische Antwort möglich. Sicher ist allerdings, die Küchenlandschaft sehe anders aus, für die Küchenspezialisten und für die Branche insgesamt.
Sicher ist auch, die Großvermarkter hätten eine weitaus stärkere Marktstellung und der mittelständische Fachhandel würde nicht über einen Marktanteil von 30 Prozent verfügen. Darum ist es gut so, dass ich DER KREIS vor 30 Jahren gegründet habe.
3. businessler: Sie stehen einem Verband mit über 2000 Mitgliedern in sieben Ländern Europas vor und verzeichnen Milliardenumsätze. Das hört sich nach einer ziemlich einflussreichen Marktstellung an.
Herr Schaible: Die Firmenphilosophie von DER KREIS strebt nicht nach einer Markt beherrschenden Stellung, sie beinhaltet vielmehr die Erhaltung der Individualität des mittelständischen Küchenfachhändlers. Der Kunde von heute verlangt Kompetenz und Service, dies können Großunternehmen nur bedingt leisten. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Marktchancen der einzelnen Küchenspezialisten zu festigen und auszubauen, da sind 30 Prozent sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange.
4. businessler: Was bedeutet die Entwicklung im Finanzwesen aus Ihrer Sicht, insbesondere für mittelständische, Eigentümergeführte Unternehmen?
Herr Schaible: Ich kann nicht für alle mittelständischen Unternehmen sprechen, was ich aber sagen kann: Während Banken und Industriegiganten nach Staatshilfen rufen, malt der Mittelstand keine Untergangsszenarien, er handelt.Familienunternehmen sind es gewohnt Krisen aus eigener Kraft zu meistern. Flexibilität und schnelle Entscheidungen auf Veränderungen sind unsere Chancen.
5. businessler: Wenn Sie an die Finanzkrise denken, was kommt Ihnen dann in den Sinn?
Herr Schaible: Dass Profitgier der Anfang allen Übels ist.
6. businessler: Ist das Schlimmste der Finanzkrise überstanden?
Herr Schaible: Das kann zu diesem Zeitpunkt noch keiner beantworten, es wäre reine Spekulation. Ich glaube, dass wir unruhige Zeiten vor uns haben.
7. businessler: Sollte der Staat notfalls für die Fehler der Finanzkrise einstehen?
Herr Schaible: Diese Frage ist längst beantwortet. Ohne Staatshilfen wäre das gesamte Finanzsystem mit allen daraus entstehenden Folgen zusammengebrochen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die 2008er Bilanzen der Banken nicht neue Finanzlöcher offenbaren, denn dann gerieten die gegebenen Bürgschaften in Gefahr eingelöst zu werden. Letztendlich müssen wir den Schaden alle bezahlen. Eine andere Lösung gibt es nicht, leider.
8. businessler: Welche Auswirkungen hat die dramatische Entwicklung für Deutschland als Leistungsstandard?
Herr Schaible: Gemeinsam können wir die Situation meistern. Wäre Deutschland alleine betroffen, wäre die Bewältigung weitaus komplizierter.Wir sind im Staatenverbund gut aufgestellt und daher dürfen wir sicher sein, das die Position der deutschen Industrie ihre führende Rolle nicht verliert.
9. businessler: Welche Lehren lassen sich aus der Krise ziehen und was ist das besondere im Vergleich zu früher?
Herr Schaible: Einen Vergleich mit anderen Krisen gibt es nicht. Die Jagd nach immer größeren Gewinnen ist ein neues und ein Problem der Globalisierung.Das Schlimmste ist nicht der Zusammenbruch der Profiteure, was wirklich schwer wiegt ist der Vertrauensverlust. Diesen gilt es wieder herzustellen.Der Mittelstand ist hier nicht aufgefordert etwas zu lernen. Das Lernziel heißt Seriosität, die Adresse an die es gerichtet ist gilt den Finanzsystemen.
Teil 2: Qualität und Vertrauen, Perspektive des (Küchen-) Fachhandels in zehn Jahren
10. businessler: Der Möbelhandel hat aus meiner Sicht seinen Ruf belastet mit Rabattaktionen auf Mondpreise, Druckausübung auf den Kunden in der Abschlussphase („Das Sonderangebot gilt jetzt!“) und der häufigen Weigerung, ein schriftliches Angebot herauszugeben. Wie gelingt es Ihnen, das Vertrauen beim Kunden zu gewinnen?
Herr Schaible: Es ist nicht mein Bestreben Möbelgiganten beizubringen wie sie ihr Marketing gestalten sollen. Die Küchenspezialisten leiden nicht unter Vertrauensverlust. Das zeigt der Verbraucher schätzt die Glaubwürdigkeit redegewandter Rabattakrobaten nicht sehr hoch ein. Fachkompetenz lässt sich nicht mit Scheinrabatten erreichen. Der Verbraucher sucht nach Sicherheit!
11. businessler: Vertrauen erhalten und stärken, hier müssen die Prioritäten für die Zukunft gesetzt werden. Sehen Sie das ebenso?
Herr Schaible: Ja!
12. businessler: Sind Qualität und Vertrauen die besten Argumente, um im Markt Handelsvorteile zu sichern? Welche guten Argumente gibt es noch?
Herr Schaible: Service, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Preiswahrheit.
13. businessler: In vielen Branchen (zum Beispiel im Produktionsverbindungshandel) sehen maßgebliche Hersteller im Fachhandel nur noch einen besseren Logistikpartner. Der werbliche Fokus und zum Beispiel die Messeaktivitäten werden nahezu gänzlich auf den Endkunden gelegt. Was halten Sie davon?
Herr Schaible: Grundsätzlich ist die Werbung zum Endkunden zu begrüßen. Schließlich ist er es, der für das Produkt zu emotionalisieren ist. Endkundenwerbung muss natürlich im Einklang mit dem Handel abgestimmt sein. Die Aufgabe der individuellen Beratung können Hersteller nicht übernehmen, hier ist die Industrie auf die Qualität des mittelständischen Fachhandels angewiesen.
14. businessler: Welche Rolle kommt dem Fachhandel beim Verkauf von hochpreisigen Markenprodukten derzeit zu und sehen Sie hier in den nächsten zehn Jahren eine Veränderung?
Herr Schaible: Ohne Fachhandel wäre es gar nicht möglich hochpreisige, besser gesagt Qualitätsprodukte also Markenprodukte zu verkaufen. Da dieses Marktsegment einen steigenden Anteil hat, wird die Stellung des Fachhandels in den nächsten zehn Jahren noch weiter zunehmen.
15. businessler: Beobachten Sie in der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Fachhandel in Ihrer Branche Verbesserungsbedarf? Gibt es Punkte, die branchenübergreifend gelten?
Herr Schaible: DER KREIS arbeitet hervorragend, ich möchte sogar sagen beispielhaft mit Herstellern und Lieferanten zusammen. Gute Zusammenarbeit gilt ganz sicher branchenübergreifend als Motor für gegenseitigen Erfolg.
16. businessler: Welche Rolle spielt der Verband dabei?
Herr Schaible: DER KREIS ist Ideengeber, Berater, wenn sie so wollen Arbeiter zur Koordination eines erfolgreichen Marketings, er testet die Durchsetzbarkeit und entwickelt mit seinen Teams das „Produkt Marktchance“ zur Marktreife.Desweiteren schafft DER KREIS neue Absatzmittler, besonders in den Ländern.
17. businessler: Finanzkrise und Konjunkturabschwung drohen den Konsum in Deutschland zu bremsen. Der Handel beginnt langsam aber spürbar an der Rabattschraube zu drehen. Halten Sie massive Maßnahmen für angemessen?
Herr Schaible: Aufklärung ist der richtige Weg. Wir vermitteln dem Verbraucher, dass Rabatte nur möglich sind, wenn zuvor Mondpreise kalkuliert werden. Im Übrigen hat es sich längst herumgesprochen, dass es Qualität nicht zu Schundpreisen geben kann.
In einer Zeit, in der es darum geht Vertrauen aufzubauen ist Qualität der einzig richtige Weg.
18. businessler: Marktfähige Produkte mit marktgerechten Vertriebskonzepten verkaufen sich am leichtesten. Was muss sich insoweit in der Küchenindustrie ändern?
Herr Schaible: Wer marktfähige Produkte zu marktfähigen Preisen anbietet, wird immer am Markt bestehen. Wer sein Heil in alternativen Experimenten sucht, um die Produktion auszulasten kann auf Dauer nicht bestehen. Daran lässt sich nichts ändern.
Wichtig: Die beste Mannschaft hat Vorteile!
19. businessler: Wenn Sie auf die aktuelle Entwicklung schauen, was ist da ihre größte Sehnsucht?
Herr Schaible: Die Banken müssen sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Wer eine Marge von 25% und mehr anstrebt zerstört jegliches Vertrauen.
Vertrauen wieder herstellen, das ist jetzt die wichtigste Aufgabe, wenn die Finanzmärkte dies jetzt gelernt haben, dann besteht die Chance gestärkt aus der Situation herauszugehen.
Herr Schaible, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Die Fragen stellte der Herausgeber RA Markus Nessler MBA.